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Sonntag, 15. Februar 2015

Das Sonntagssyndrom meines Mannes

Heute ist wieder so ein Tag, an dem mein Mann "MF" hat. Was genau das ist, habe ich in einem meiner vorherigen Erklärung über Männer schon geschrieben. Nun gut. Gestern schien alles noch soweit in Ordnung zu sein, bis auf dass er sich seit Tagen nicht wirklich gut fühlt. Aber das haben wir ja Alle mal.Aber heute ist wieder mal Sonntag und das merke ich bitter.
Er schlief recht lange, um genau zu sein bis ca. halb 10. Dann kam er noch halb verschlafen aus dem Bett und ging nicht mal grüßend an mir vorbei. MF eben.
Ich rief hinter ihm her, wo denn der von mir so geliebte "Gutenmorgen-Kuss" bliebe, er kam zurück und drückte mir ein Küsschen auf die Wange, kaum merklich. Na wenn das man nicht zu viel des Guten war!
Seit 2 Stunden sitze ich hier und bearbeite Rechnungen und beantworte Emails von Kunden.
Ich konnte ihn gerade noch so aus dem Büro schleichen sehen  und weg war er. Ich höre, wie die Kaffeemaschine rattert und er sich einen Kaffee macht. (Wer verdammt nochmal hat nur heute morgen die Küche aufgeräumt und Wasser in die Kaffeemaschine eingefüllt??) Dann geht die Tür, er sitzt wie gewöhnlich draußen und raucht Eine.
Immer öfter komme ich mir vor, wie eine Haushälterin mit ehelichen Pflichten.
Darüber ein anderes Mal. Denn mit den ehelichen Pflichten kennt sich mein Mann auch nicht  wirklich aus.
Als er wieder rein kam frage ich nach dem Frühstück, (nachdem mein Magen schon seit einiger Zeit knurrt und ich das Gefühl habe der Magen hängt mir an den Kniekehlen)
Es knurrt nicht nur der Magen, sondern auch mein Mann etwas mir nur schwer Verständliches entgegen.So, denke ich, was nun?? Frühstück oder doch nicht??
Ich frage noch einmal nach, diesmal etwas bestimmter.
Viele Leserinnen kennen sicher solche, oder ähnliche Situationen.
Das Frühstück ist fertig, es besteht (seit über 10 Jahren) aus Toast, Butter, Marmelade und Honig. Ganz selten mal ein Frühstücksei.  Mein geliebter Mann kommt schleppend zum Tisch und setzt sich laut hörbar hin.
(Raucher-)Husten überfällt ihn. Mitleid kriecht in mir hoch, doch nach mehr als 20 Jahren Berufserfahrung in einer Lungenfacharztpraxis und unzähligen Geschichten, die ich meinem Mann schon geschildert hatte, fällt Mitleid aus.
Komplett. Ich würge das Mitleid wieder herunter. Das Frühstück schmeckt heute auch nicht.
Er faselt etwas von "er fühle sich nicht und bevor er mir zur Last falle möchte er in das Pflegeheim" Da platzt mir dann doch endgültig der Kragen. Ich frage ihn lauthals, ob er denn ganz und gar verrückt sei??
Und mache ihm Vorwürfe, warum er nicht einmal ein einfaches "guten Morgen" für mich übrig hat. Und dann kommt es:
Ich mache ihm weiter Vorwürfe, es brodelt in mir. Und dass ihm doch alles völlig egal sei, Hauptsache, er sei gut versorgt. Wenn der Kühlschrank  immer voll ist, braucht sich der Mensch keine Gedanken zu machen.
Kurz gesagt, ich mache meinem Ärger und meiner Wut endgültig Luft. Mein Herz schlägt bis zum Hals und ich merke, dass ich kaum noch Luft bekomme. Dann plötzliches betretendes Schweigen auf beiden Seiten. Heiße Tränen hangeln sich aus der Tiefe in mir hoch, bis sie endlich mein Augen Inneres erreichen, um nach draußen über mein Gesicht zu rollen. Ich kann nicht mehr.
Nach einem  Moment des Schweigens und Schniefen und Schluchsen meinerseits entschuldige ich mich mit weinerlicher Stimme bei ihm, der Ton sei wohl nicht in Ordnung gewesen.
Aber DAS musste einfach mal raus. Er kommt mit einer Erklärung, dass es ihm seit Wochen nicht mehr gut ginge und er nach seinen Angaben "zu nichts mehr in der Lage sei". Ich widersprach ihm heftig und versuchte ihm zu erklären, dass er sich die Situation mit uns doch einmal anders herum, also in vertauschten Rollen durchdenken solle.
"Ja 20 Jahre." höre ich von Ihm. Für die Leser, die es noch nicht wissen, mein Mann ist 20 Jahre älter, als ich, also fast 70. Es ist mir nicht entgangen , wie alt wir Beide sind.
Und schließlich würde er mich ja auch nicht in das Pflegeheim abschieben wollen, wenn es mir nicht gut ginge (glaube ich zumindest)
Außerdem haben sie dort ein Programm, welches die alten Leutchen dort ganz schön auf Vordermann halten. Ich versuche ihm den Tagesablauf zu schildern, er hört mir mehr oder weniger zu. Ich weiß, dass ich in den meisten Situationen keine Antwort von ihm bekomme, aber gesagt ist gesagt und gehört. Ein Denkzettel in mündlicher Form.
Das verschafft mir einen Moment zum Luft holen und dann ist die Situation auch schon wieder vorbei. Für ihn.
Im Laufe des Tages erlebe ich meinen Mann auf der Couch liegend und nichts mehr sagend. Nur Nicken und Kopfschütteln auf meine Fragen. Dann lasse ich ihn endgültig in Ruhe. Er schaut fern, unrasiert. Zappt durch das Programm. Sein Blick ist unzufrieden.
Mir tut das unendlich leid und Traurigkeit macht sich in mir breit. Dennoch liebe ich meinen Mann sehr und ich lege mich in;s Zeug:
Rechnungen ausdrucken, Pakete packen und versandfertig machen - Arbeit eben. Irgendwann musste er wohl auf die Toilette und ich höre von Ferne eine Frage: "Frauchen?" Ich antworte mit "Ja". Ein Funke von was auch immer...
In Gedanken plane ich meinen Garten, noch ist alles vereist. In Gedanken scheint die Sonne und die ersten Schneeglöckchen kommen zum Vorschein. Ach was schreibe ich hier. Die Sonne scheint und der Rasen ist grün. Blumen überall und eine geheime Sitzecke nur für mich allein. Das hält mich ein wenig aufrecht.  - Veränderungen stehen an, nicht nur im Garten...

 © Susann Krumpen