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Sonntag, 2. Mai 2021

Impftermin? Nein danke!

Alle Welt ist in Aufruhr. Impftermine gegen das Corona Virus sind derzeit rar gesät. Um einen regulären Impftermin zu bekommen muss man lange Wege gehen, rein virtuell, meine ich. Schon jetzt spüre ich reine Phantomschmerzen in meinem rechten Arm, obwohl ich noch gar nicht geimpft worden bin und außerdem würde ich immer den linken Arm bevorzugen, selbst, wenn dieser nach der Impfung abfallen sollte. Dann habe ich immer noch den Rechten, um mir die Zähne putzen zu können.

Wer mich kennt, der würde sagen: "Was für ein Sarkasmus" wie Wahr, wie wahr! Kann ich nur zustimmen. Also die Impfodyssee wird den Leser interessieren, vor allen Dingen die recht ambivalenten Gedanken dazu. Ich versuche mich im Impfportal anzumelden, Fehlanzeige. Tag für Tag, manchmal auch zweimal. Schließlich will ich nichts verpassen!  Ja, jeden verdammten Tag stürze ich früh an meinen Rechner, checke die Mails und versuche eine Anmeldung aufs Neue und stelle jeden Tag fest, dass es für meine Altersgruppe noch gar keine Möglichkeit gibt, sich impfen zu lassen. Also recherchiere ich, wie es möglich wäre, schneller an einen Impftermin zu kommen. "Du verdammter Impfdrängler!" dröhnt es in meinem Kopf. Ich versuche den Gedanken im Meer zu versenken, ach Mensch, Urlaub habe ich seit gefühlt hundert Jahren auch nicht mehr gehabt. Was tun? Guter Rat ist teuer. Und ich lese von Leuten, die mit Formularen vor den Häusern fremder, älterer Menschen stehen, Menschen, die möglicherweise eine Pflegestufe haben könnten, zu fragen, zu bitten und zu flehen, um die Formulare auszufüllen. Ich kann förmlich die Tränen spüren, die Schreie hören. Mein Kopf raucht. Ich kann meine Gedanken knistern hören. Kenne ich nicht jemand solchen? Na klar! Meine Nachbarn. Seit Corona immer an der Tür abgefertigt, immer mit Maske, Abstand und leicht unterkühlt. Schön ist anders. Früher hat sich das Verhältnis herzlich angefühlt, irgendwie anders. Immer ein paar nette Worte, etwas Zeit. Im Moment scheint alles anders. Kurze Worte, Abstand und Maske. Fast das ganze Gesicht ist verdeckt, wegen der Brille und Frisur kann man fast keine Augen mehr erkennen, wie soll man den nur fest stellen, mit WEM man es noch zu tun hat? 

Alt sind sie inzwischen geworden "Er" geht auf die 90 zu. Und dann plötzlich der Gedanke: Haben die Beiden nicht eine Pflegestufe? In meinem Kopf rattert es nur so. Gefühlt schnellt der Impftermin zum Greifen nah heran. Mein Atem geht schneller, mein Blutdruck erwacht, ich selbst laufe in Hochform auf. Dann plötzlich: Ist das, was ich vorhabe schon kriminell?? Bin ich ein egoistisches Schwein? Ich beruhige mich selbst. Andere, sage ich mir, machen es ja ebenso. Ich lese in den Medien und versuche mich zu beruhigen. Fehlanzeige. Mein Puls rast. Sollte ich wirklich...? 

Ich lese und lese, bleibe in einem Bericht hängen, in dem über das Impftempo geschrieben wird. Eine Frau, vermutlich mittleren Alters schreibt, dass sie froh ist, dass sich immer mehr Menschen zu einer Impfung entscheiden können und sie schreibt weiter, dass mit jedem Tag, der Weg zur Impfung für sie gefühlt ein bisschen kürzer wird.

Mein Herz pocht und ich fühle so etwas wie Scham und doch bin ich erleichtert, eine Lösung für mich gefunden zu haben. Auch wenn ich in Zukunft jeden Morgen meine Mails checken und ich mich versuchen werde, weiterhin (vergeblich) im impfzentrum anmelden zu wollen....

© Susann Krumpen



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