Neugierig? Na dann mal los!

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Besuch mit Voranmeldung und Hindernissen

Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht so viel Gehabe um alles mache. Was ich aber nachfolgend erlebte, erforderte meine gesamte Geduld und jede Menge kostbare Zeit, die ich ehrlich gesagt, nicht immer habe. Nun, es kündigte sich Besuch an. Um genau zu sein, die Tochter meines Mannes mit ihrem Freund. 
Und obgleich sie einen (Noch-) Ehemann hat, also noch immer nicht geschieden ist, muss ich schon ziemlich viel Toleranz aufbringen, um die ganze Situation mit der Partnerlösung verkraften zu können. Sie ist vor geraumer Zeit bei ihrem Mann ausgezogen und wohnt nun ein paar Straßen weiter bei ihrem Freund. Die Nebenbuhler begegnen sich täglich, weil: gleiche Arbeitsstelle. Nun gut, für mich wäre so eine Konstellation nicht denkbar gewesen, ich bin ein Mensch, der immer versucht, einigermaßen klare Verhältnisse zu schaffen, alte Schule eben.
Also es kündigte sich, wie gesagt Besuch an, per Watts App, wie auch sonst in der heutigen Zeit. Telefonieren wäre um einiges Leichter gewesen...
Aber schauen Sie selbst...Die Watts App Nachricht erreicht mich nicht geschrieben in Textform, so dass man die Angelegenheit schnell ein paar Mal überfliegen und das Wesentliche für sich heraussuchen kann, ach woher denn, nein, bei Weitem Nicht! So eine Nachricht ist eine Ton Aufnahme und bis man zum Kern der eigentlichen Sache kommt, fallen einem unterwegs schon mal die Augen zu, oder man hört dort einfach nicht mehr so richtig hin und überhört den wichtigen Teil, so dass einem nichts anderes übrig bleibt, die ganze Litanei noch einmal abzuspielen.
Wenn man die unwichtigen- und für mich auch ziemlich uninteressanten Dinge weg lassen würde, käme eine einfache Frage zum Vorschein, nämlich: Können wir zu euch zu Besuch kommen?
Statt dessen höre ich mir an, wie und wann meine Stieftochter zum Sport geht, was auf der Arbeit alles schief läuft und wie gestresst sie doch sei. Alles Nebensache, so finde ich. Dann kommt der Teil, an dem sie anfängt zu fragen, ob sie denn mit ihrem Freund zu Besuch kommen darf. Ja, Sie haben richtig gelesen: darf! Immer Mal wieder gebe ich all meinen Kindern und Stiefkindern das Signal, dass sie bei uns willkommen sind. Ich habe aber oft das Gefühl, dass es von verschiedenen Menschen schnell wieder vergessen wird.
Selbstverständlich "darf" sie. Ich antworte mit einem einfachen "Ja"
Dann stelle ich anhand der blauen Häkchen fest, dass sie das "Ja" gelesen haben muss. Es vergeht einige Zeit, bis sie zur Antwort kommt. Ich schaue auf das Smartphone und nehme wahr: "Audio wird aufgenommen"
Nach ein bis zwei Minuten nimmt sie immer noch auf. Ich halte die Luft an und male mir aus, was jetzt für eine lange Geschichte kommen wird.
Nach einer Weile beginne ich die Nachricht abzuspielen. Inhaltlich hatte sich zu meinem Erstaunen nichts verändert, die Worte um Sport und Arbeit sind beinahe gleich geblieben, der Tonfall eigentlich auch. Nichts neues? Doch! Das Datum der Anreise. Endlich Fakten! Ich atme auf. Nach gefühlten 20 Minuten abhören und einem halben Nervenzusammenbruch stelle ich fest: Sie wollen zu Besuch kommen und das Datum steht auch schon fest. Wieder kommt von mir eine Nachricht in Schriftform: "Ja, wir freuen uns".
Sie scheint immer noch zu zweifeln und fragt in der nächsten Audio Aufnahme noch einmal nach, ob sie auch übernachten dürfen. "Ja dürfen Sie!"
Auch wenn ich noch nicht weiß, wie lange sie bleiben, sie dürfen. Dann die nächste Aufnahme, sie wolle ihren Geburtstag bei uns feiern. 
"Ja, auch DAS dürfen sie." Und ehrlich gesagt, ich habe bis heute die Fragerei immer noch nicht verstanden und werde sie auch in Zukunft nicht verstehen.
Mein Kopf brummt allmählich finde ich die Audio Aufnahmen ziemlich lästig und höre hier und dort noch einmal rein, notiere die Anfahrt in meinen Papierkalender, der wie jedes Jahr, gesponsert von meiner Hausbank immer wieder ein treuer Begleiter ist und mir unheimlich gute Dienste leistet.
Ich brauche für so einen Kalender keinen Akku, um ihn aufzuladen und wenn ich die Notizen mit Bleistift versehe, kann ich auch einmal etwas herausradieren, wenn sich dort was ändert. Alte Schule eben!...


© Susann Krumpen




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